Die Expertin für Walter!
Wenn Walter fragt, ähm ne, Chefredakteur Thomas Senn, dann nehme ich mir auch Zeit für ein frühlingshaftes Shooting bei -14 Grad, posiere (wenn mich männlich gelesene Fotografen fotografieren denke ich immer an das lesenswerte Werk von Siri Hustvedt „Eine Frau schaut auf Männer, die auf Frauen schauen“) und beantworte zeitgleich die Frage, mit welchem Fahrzeug ich denn hier vom Parkplatz fahren würde? Meinem Mercedes Benz Oldie C123 230CE oder dem neuesten E-Coupé 400D?
Ich kann diesen Text nun nicht anders beginnen als mit einer ausführlichen Einleitung. Wir haben hier ein Magazin, das sich überwiegend an Männer richtet, an wahrscheinlich sehr ausgewählte Männer. Teil dieses Magazins zu sein, ist auch meine Chance, einen kleinen feministischen Beitrag zu leisten. So blieb es für mich nicht bei der Frage, ob ich als Expertin diese Fotostrecke begleiten, sondern was ich damit den Leser(inne)n vermitteln will. Im Zuge dessen hatte Herr Senn einige Diskussionen mit mir auszufechten. Denn vor einigen Monaten verkörperte er für mich das Abbild eines „alten weißen Mannes“ = weiß, cis, hetero und entsprechende Lebenserfahrung. Es folgten Gespräche zu Feminismus, Sexismus, Gleichstellung, Mansplaining, übergriffiges Handeln und vielem mehr. Ich weiß nicht, ob es der Altersunterschied war, der uns all den Raum für Diskussionen geschaffen hat oder einfach meine sture Art, Männer mit ihrem männlichen Dasein konfrontieren zu müssen. Doch er hat mir zugehört und Fragen gestellt – damit wurde eine Entwicklung angestoßen, die wir in diesen Zeilen, die sich von einem Mann in einem „Männer“-Magazin an Männer richten, lesen dürfen:
„Sie fährt einen C123 230ce aus dem Jahr 1983, der also älter ist als sie selbst. Und da Dajana als Fotografin und Social Media Expertin für viele Automobilhersteller tätig ist, ist sie unser Mann! Äh, also Frau. Expertin halt, Hergott!“
Thomas Senn, Walter Magazin
Was ich damit sagen will, ist, dass Männer gerne ihre Magazine behalten dürfen, genau so wie Frauen auch weiterhin zu WOMEN-only Events gehen sollen. Jedem Bedürfnis seinen Raum. Doch auf beiden Seiten muss ein Bewusstsein für die *Diversität unseres Daseins entstehen, ein Verständnis, das nicht mehr unreflektiert Aussagen wie: „Du fährst wie ein Mädchen!“ oder „Hausfrauen-Porsche“ zulassen darf. Wenn ich als Frau die Einladung, Teil eines „Männer“-Magazins zu sein, annehme, dann nicht deshalb, weil ein Mann mir diesen Raum in seiner Großzügigkeit „ermöglicht“, sondern weil ich ihn mir unabhängig von meinem Geschlecht verdient habe. Wie in diesem Fall. Ich fahre ein E-Coupé aus dem Jahr 1983 und bin Fotografin und Social Media Expertin für die Automobilbranche. Alle sexistischen Aussagen zu „fotogenes Beiwerk zu den Autos“ oder „für eine Frau kannst du XY besonders gut“ geben wir hier keinen Raum und haben auch nicht stattgefunden. Wenn also im Vorwort Stolpersteine eingebaut werden, dann um auf eine smarte Art und Weise das Bewusstsein herauszufordern und nicht mit einer Keule ein Magazin samt Leserschaft auseinanderzunehmen.
Danke Dir Tom!
Da ich als Expertin mein Handwerk von Multi-Channel natürlich verstehe, beantworte ich nicht hier die Frage, sondern fordere dich jetzt auf, dir deine 158 Seiten Aufbruchstimmung im @waltermagazin No6 zu gönnen! Jetzt im Handel oder online via walter-magazin! Meine Bilder findest du übrigens auf Instagram.
text: @herrsenn & dajana eder
photo: thomas senn & @boldfranco
assistant: @charlottecarrera
brand: Mercedes Benz Germany