LinkedIn, das Reich der Expert*Innen …
In den letzten Wochen habe ich viele Beiträge von Expert*Innen gelesen und das zu den verschiedensten Themen. Ein Beitrag über vermeintliche TikTok Expert*Innen erregte besondere Aufmerksamkeit und führte zu zig Kommentaren. Nun gut, es war der finale Anstoß zu diesem Artikel. Lasst uns über Expertise diskutieren.
Beitrag zitiert, Verfasser*In und Marken ausgeklammert:
„Alle sprechen über TikTok. Ich lese hier so viele Experten-Meinungen. Leider von Experten, die keine sind. Weil sie noch nie eine Kampagne umgesetzt, geschweige denn begleitet haben. Unsere Creator bei [drop brand name here] haben mehr als 27 Millionen Follower auf Tiktok. Wir haben Kampagnen für [drop brand name here], [drop brand name here], [drop brand name here], [drop brand name here], [drop brand name here], [drop brand name here], [drop brand name here], [drop brand name here], [drop brand name here] und viele weitere umgesetzt und unsere Creator haben dafür gesorgt, dass diese Kampagnen erfolgreich wurden. [drop brand name here] #Hashtag Challenge 142 Millionen Aufrufe nach 48 Stunden.“ via Linkedin im Juli 2020
Meine Antwort zu diesem Beitrag als Kommentar:
„Ein großer Beitrag mit vielen bekannten Namen und wer sich auf TikTok bewegt, hat auch die Kampagnen gesehen. Und doch ist die Wortwahl niederschmetternd für alle Creator*Innen, die sich Wissen aneignen und die App erkunden. Denn oft braucht es nur ein „erfolgreiches“ Konzept zum Durchbruch und nicht viele. Was aber die „Expert*Innen“ hier gemeinsam haben, sie teilen ihr Know-how und ihre Erkenntnisse, wenn es auch nur klein(st)e Schritte beschreibt. Wir haben gelernt, dass wir unter Expert*innen ein hohes Niveau halten müssen, durch Diskussionen und Kritik. Deshalb auch mein Feedback zu diesen Zeilen. Ich hätte von dir hier bevorzugt Insights gelesen und nicht eine Diskreditierung, von Expert*Innen, die dich wohlmöglich mit einem Durchbruch heute noch überholen.“
Zurück zum Thema „Wann ist man ein Expert?“
Als Freelancer*In und Unternehmer*In unterliegt man keinen klassischen Strukturen, die die eigene Expertise kategorisieren. Spätestens mit dem Schritt in die Selbstständigkeit muss aber das Verständnis da sein, das man selbst bestens mit Know-how ausgestattet ist, um die anstehenden Herausforderungen zu meistern. Wir kennen vor allem aus dem Agenturwesen Begriffe wie Junior, Senior oder Director. Begriffe wie Expert oder Specialist aus dem Englischen sind uns genau so geläufig. Doch in der deutschen Sprache gibt es kaum einen passenden Titel. Mach an dieser Stelle gerne einen Selbsttest. Was verstehst du unter den Begriffen: „Freelancer*In, Unternehmer*In oder Berater*In“?
Wenn ich mich vorstelle, tu ich das mit dem Selbstverständnis, dass ich als Beraterin eine Expertin in meinem Bereich bin. Nicht weil ich jeden Handgriff alleine umsetzen, sondern weil ich weiß, wie ich für größere Projekte weitere Expert*Innen hinzuziehen kann. Meine Aufgabe ist es, strategische Beratungen durchzuführen und kreative Lösungsansätze zu finden und dafür bedarf es einer entsprechenden Expertise.
Wie so oft finden wir uns vor dem menschlichen Paradoxon wieder, eine nicht vorhandene Schublade öffnen, die Information darin verstauen und dadurch besser verstehen zu wollen. Und das trifft auf die besonders deutsche Mentalität, das alles seine Ordnung haben und in einer Form zertifiziert sein muss. Wann darf man sich denn Expert*In nennen und was muss man dafür erreicht haben? Ein Kommentar unter dem oben zitierten Beitrag besagt: „Es ist ohnehin schwierig, sich nach 2 Jahren als Experte in irgendwas zu benennen.“ Darin finden sich zwei Aussagen wieder, die eine, dass man sich wohl ausschließlich selbst ernennt und dass Zeit ein relevanter Faktor ist.
Gerade im Social Media Business würde ich hier folgende These aufstellen wollen:
- Zeit ist ein Faktor, den man neu denken muss. In zwei Jahren kräht wohl kein Hahn nach meiner Expertise zu TikTok. Eine so schnelllebige Branche braucht schnell denkende Expert*Innen.
- Expert*In ist man in dem Moment, in dem man eine Expertise erreicht hat, die man „erfolgreich“ für verschiedenste Herausforderungen adaptieren und anwenden kann.
Wenn ich hier auf LinkedIn Expert*Innen begegne, dann stehe ich ihnen im ersten Moment offen gegenüber, deren Expertise sind Puzzlesteine in (m)einem großen Ganzen. Ich höre zu und evaluiere mit Hirn und Verstand, ob deren Aussagen für mich und meine Anforderungen Bestand haben. Auf LinkedIn erwarte ich, mich in einem Pool aus Expert*Innen zu bewegen, und genau so soll die Kommunikation stattfinden. Wenn ich oder eine der Expert*Innen Beiträge teilen, dann darf diskutiert und in wissenschaftlicher Manier angefochten werden.
Wie werde ich nun (TikTok-)Expert*In?
Alles, was ich in den letzten Monaten über TikTok gelernt habe, hat hier auf LinkedIn seinen Ursprung. Dank Expert*Innen, die offen ihre Learnings und auf Fails geteilt und zur Diskussion eingeladen haben. Hier sind sehr junge Kreative aktiv geworden und erzählen von GenZ und die richtige Ansprache. Profis werden zu Autor*Innen, Podcaster*Innen und Verfasser*Innen, um ihr Know-how öffentlich zugänglich zu machen. Innerhalb weniger Wochen haben aufmerksame Beobachter*Innen eigene Versuche gestartet und Erfolge erzielt. Wir sind hier auf einer Plattform, die wissenschaftliche Züge annimmt – Wissen wird nach einer Testphase geteilt und jede*r Interessierte kann daran teilhaben. Es stellt sich hier nicht die Frage, welche erfolgreichen Konzepte umgesetzt wurden, sondern wie.
Dies ist eine Danksagung an die Expert*Innen aus meinem Netzwerk.