Wie funktioniert Nachhaltigkeit in der Automobilindustrie : mit Dem Volvo C40 Recharge

Dass die Volvo Unternehmensphilosphie seit vielen Jahren auf „Nachhaltigkeit“ setzt, ist den meisten bekannt. Wie das allerdings in der Umsetzung aussieht durfte ich im Werk in Gent (Belgien) hinterfragen, wo zur Zeit der neue vollelektrische Volvo C40 Recharge gebaut wird.

Zwischen veralteten Technologien, fraglichen Versprechen und Greenwashing

Gerade der Wahlkampf 2021 in Deutschland hat uns gezeigt, dass die Automobilindustrie die stärkste (und auch mächtigste) nationale Branche ist. Der Erhalt der Arbeitsplätze suggeriert eine Unvereinbarkeit mit der Forderung nach Klimaschutz. Die Unternehmen der Branche erwirtschafteten im Jahr 2019 einen Umsatz von gut 436 Milliarden Euro und beschäftigten direkt knapp 833.000 Personen. (Quelle BMWi) Und diesen Umsatz gilt es nicht nur zu halten, sondern auch zu steigern. Dabei steht der Erhalt von Arbeitsplätzen (vermeintlich) an erster Stelle.

An dieser Stelle Klammer auf für meine persönliche Meinung. Zwar wurden „Überproduktionen“ längst als Urban Legends entlarvt, doch sind die Bilder von zigtausenden zwischengelagerten Fahrzeugen nicht mehr wegzudenken. Es ist schier die Masse, die mir Sorge bereitet, da sie sich demnächst im Straßenverkehr einreihen wird. Abzüglich der Fahrzeuge, die durch Schäden oder Alter verschwinden, werden es trotzdem jährlich mehr. Wenn man nur grob auf die Motorisierung achtet, dann ist der Verbrenner noch immer stärkster am Markt, natürlich mittlerweile sparsamer und emissionsärmer, auch wenn 2020 das Jahr der Elektrozulassungen war und nicht zuletzt weil der Druck durch die EU vorgegebenen CO2-Grenzwerte steigt. Doch fehlt mir der Ansatz, die gesamte Mobilität zu vereinen – von den Fußgänger*innen über Fahrradfahrer*innen bis hin zu Transport. Zudem greife ich ziemlich hoch, wenn ich in einem kapitalistischem System nach „weniger ist mehr“ rufe. Deshalb hat sich für mich die Arbeit mit der Automobilindustrie in den letzten Jahren stark verändert. Ich wollte nicht länger der verlängerte Kommunikationsarm sein, um Konsum zu fördern, sondern nutze die Möglichkeit, direkt an Informationen zu kommen, um weitgreifend Veränderungen vorantreiben zu können. Nun aber Klammer zu.

Wenn also Politiker*innen Aussagen treffen, dass Klimaschutz mit dem Erhalt von Arbeitsplätzen nicht zu vereinen ist und somit hinten ansteht, frage ich mich, ob diese so unsere Zukunft ignorieren oder einfach verheimlichen wollen, in wessen Taschen weiterhin gewirtschaftet werden soll. Denn Veränderung passiert und sollte auch vor dieser Branche keinen Halt machen. Wo die einen Arbeitsplätze wegfallen, entstehen neue. Und es reicht natürlich nicht mehr, dass im Zeichen des Guten Willens einzelne Aktionen medienwirksam begleitet werden, es braucht ein branchenübergreifendes Neudenken, damit Mobilität wieder den Grundgedanken der Freiheit unterstützt und nicht zulasten von Mensch und Umwelt kapitalistisch für einige wenige ausbeutet.

Volvo Produktion in Gent, Belgien

Bevor ich mich nun dem vollelektrischem C40 Recharge widme, gebe ich Einblicke aus den gesammelten Eindrücken im Volvo Werk in Gent, dass bereits seit 1965 in Betrieb ist und ca 6.500 Mitarbeiter*innen beschäftigt. Während der Begrüßung durch den Volvo Cars Gent Geschäftsführer Stephan Fesser wurde bereits eines offensichtlich – Nachhaltigkeit steckt in der Volvo DNA. Das Werk in Gent gehört zu den größten Standorten des Unternehmens und ist ein wichtiger Wegbereiter für die Elektrifizierung der Marke. Dazu nun einige Fakten:

  • Mülltrennung herrscht im gesamten Werk, dadruch können Wertstoffe eigenständig recycelt werden.
  • Prozesse werden laufend zugunsten der Ressourcenschonung optimiert, wie zB die Lackiererei.
  • Beheizt wird mit der Abluft der gegenüberliegende Papierfabrik. Eigens verlegte Rohre transportieren den Wasserdampf zum Werk und Bürogebäude.
  • Die benötigte Elektrizität wird durch Solaranlagen und Windräder bereitgestellt.
  • Ab 2030 will Volvo nur noch Elektroautos verkaufen – dies ist eine der ehrgeizigsten Elektrifizierungsstrategien in der gesamten Automobilindustrie.
  • Im Zuge der C40 Recharge Modelleinführung steigert Volvo die Produktionskapazität für Elektrofahrzeuge in Gent auf 135.000 Einheiten pro Jahr; schon für 2022 erwartet das Unternehmen, dass mehr als die Hälfte aller am Standort produzierten Fahrzeuge über einen vollelektrischen Antrieb verfügen.

Verglichen zu einem Verbrennungsmotor ist die Produktion eines vollelektrischen oder Hybrid-Volvo emissionsbelasteter, doch durch die konsequente CO2-Reduzierung in der Produktion, dem Transport und Verkauf will Volvo bereits 2040 klimaneutral sein. Bereits bis 2025 strebt Volvo weltweit eine klimaneutrale Produktion an. Im gleichen Zeitraum sollen die CO2-Emissionen im Zusammenhang mit der globalen Lieferkette um 25 Prozent sinken und der Anteil recycelter Kunststoffe in neuen Volvo Fahrzeugen auf 25 Prozent steigen. Das wirkt sich auch auf die einzelnen Fahrzeuge aus, ZB weist der Volvo XC40 Recharge P8 bereits nach 47.000 Kilometern eine positive Bilanz auf. (Quelle)

Volvo C40 Recharge

Am 07. Oktober 2021 hat die Produktion des Volvo C40 Recharge in Gent, Belgien begonnen. Während meinem Aufenthalt konnte ich in der Produktionsstätte auch dessen Fertigung beobachten. Besonders deutlich zu erkennen war dabei die nachhaltige Ausrichtung des Unternehmens und der Ansatz, Elektromobilität zum Standard zu etablieren. Der C40 Recharge ist übrigens das erste Volvo-Fahrzeug, das ausschließlich elektrisch und leatherfree erhältlich sein wird.

„Der Volvo C40 Recharge steht für unsere Zukunft“„Unsere Produktionsaktivitäten und eine enge Zusammenarbeit mit unseren Zulieferern sind zentrale Voraussetzungen dafür, dass wir unsere Ziele im Hinblick auf Elektrifizierung und Klimaneutralität erreichen können. Unser Werk in Gent ist bereit für eine vollelektrische Zukunft und wird in den kommenden Jahren eine wichtige Rolle innerhalb unseres globalen Produktionsnetzes spielen.“

Javier Varela, Senior Vice President, Industrial Operations and Quality bei Volvo Cars

Logistisch ist die Produktionslinie eine Herausforderung, denn auf einem Produktionsband laufen unter anderem der XC40 und V60. Jedes Fahrzeug, das von Band läuft, ist fahrbereit und bereits bestellt. Der Code, der bei Bestellung vergeben wird, begleitet das Fahrzeug bis zur Auslieferung und enthält Daten zur Konfiguration, Auslieferungsort und Empfänger*in. Diese Art der Produktion spart Ressourcen – es wird nur produziert, was auch bestellt wurde.

Luxus auf verantwortungsvolle Art

Wer auf Leder im Innenraum verzichten will, hatte es bisher ziemlich schwer. Je besser die Ausstattung, desto unwahrscheinlicher war es, kein Leder kaufen zu müssen. Das ändert sich nun mit dem C40 Recharge, denn Volvo verzichtet erstmals komplett auf die Verwendung von Tierhäuten im Innenraum. Ob Sitzpolster, Türverkleidungen, Lenkrad, Schalthebel oder Fußmatten: bei allen Innenraumkomponenten werden hochwertige – zum Teil recycelte – synthetische Materialien verwendet, die eine Premium-Anmutung aufweisen, ohne Kompromisse bei Haltbarkeit und Pflege einzugehen. Dieses neue Material ist pro Fahrzeug bis zu vier Kilogramm leichter als vergleichbare Lederausstattungen. Zudem befasst sich Volvo mit diversen Designstudien zu nachhaltigen Materialien und entwirft mit Designer Phillip Lim eine lederfreie Tasche. Hier der vollständige Artikel: „Der Aufstieg des bewussten Designs – Ein Bericht über die Materialien von morgen“

Volvo C40 Recharge : Wartung und Versicherung

Bereits vor einigen Jahren hat Volvo die Vertriebsstrategie modernisiert, so ist der C40 Recharge ausschließlich online erhältlich. Die Konfiguration passiert entspannt von der Couch aus oder beim Händler. Im Kaufpreis inbegriffen ist ein „Care“-Servicepaket für drei Jahre, das eine Recharge Versicherung bestehend aus Kfz-Haftpflicht und Vollkasko sowie die Kosten für turnusgemäßen Service, Wartung und Verschleiß umfasst.

Elektro-Motorisierung : C40 Recharge Pure Electric Twin

Zwei Permanentmagnet-Synchronmotoren mit jeweils 150 kW (204 PS) Leistung und 330 Nm Drehmoment, Gesamtleistung 300 kW (408 PS), 660 Nm. Einstufiges Automatikgetriebe, Allradantrieb, Lithium-Ionen-Batterie mit max. 400 Volt Betriebsspannung und 78 kWh Speicherkapazität. 0-100 km/h: 4,7 Sek., Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h, Stromverbrauch gemäß WLTP: 22,0 kWh/100 km, Reichweite gemäß WLTP: kombiniert 444 km.

Volvo C40 Recharge Pure Electric
Stromverbrauch kombiniert (nach WLTP): 22,0 kWh/100 km
CO2-Emissionen kombiniert: 0 g/km

Die knallharte Ökobilanz der Elektromobilität

Zumindest ist man lokal emissionsfrei unterwegs, denn im Fahrbetrieb werden weder CO2 noch andere Schadstoffe wie Rußpartikel und Stickoxide freigesetzt. Die Verbesserung der Luftqualität durch den Betrieb von Elektrofahrzeugen ist somit gesichert. Dennoch gilt es bei der Strombeschaffung genauer hinzusehen. Woher kommt der Strom aus der Ladestation? Des Weiteren verbraucht die Produktion eines XC40 mit Verbrennungsmotor bis zu 40 % weniger Emissionen als die Elektrovariante. Insbesondere die leistungsstarken Lithium-Ionen-Batteriemodule und deren Kathoden- und Anodenmaterialien sowie das umschließende Aluminiumgehäuse schlagen hier zu Buche. Durch die konsequente Reduktion der Emissionen in der gesamten Produktion und Lieferkette und die Verwendung von nachhaltigeren Materialien wird der Volvo-Fahrspaß auch nachhaltiger.

Wir sehen also, dass Veränderung nicht nur stattfindet, sondern auch Teil der Unternehmens-DNA sein und somit innerhalb realistischer Zeiträume auch Klimaziele erreichen kann. Die Nachfrage bestimmt den Markt und so kannst du mit deiner Entscheidung für Mobilität einen nachhaltigen Beitrag für die Umwelt leisten.

Transparenz : Dieser Beitrag ist in Zusammenarbeit mit Volvo Car Germany während einer Pressereise nach Gent, Belgien entstanden. Informationen zum Volvo C40 Recharge via volvocars.com